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Private Reiseberichte - der Weg ist das Ziel
Letztes Update: 01.02.2022
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Camino del Norte - Pilgern am Jakobsweg
Zeitungsausschnitt über meinen persönlichen Jakobsweg

als PDF - einfach anklicken
29.5.2010

Am Nachmittag machen wir uns auf nach Ribadeo, um in der Herberge eventuell einen Pilgerpass zu bekommen, da ich meinen zu Hause vergessen habe. Nach einiger Sucherei finden wir auch die Herberge, die sehr schön neben einem Park am Ufer der Mündung des Rio Eo liegt. Mir wird mitgeteilt, dass erst um 20 Uhr jemand kommt um die Pässe abzustempeln. Also fahren wir die wenigen Minuten an der Küste zurück, um uns bei einem Leuchtturm einen Platz für die Nacht zu suchen.
Um 20 Uhr bin ich wieder bei der Herberge und da werde ich gleich einmal über die spanische Pünktlichkeit aufgeklärt:
20 Uhr heißt, dass man mindestens mit 20,30 Uhr rechnen muss.
Und wirklich, um 20,20 Uhr kommen 4 Polizisten vorgefahren um die Pilgerpässe abzustempeln und die Übernachtungsgebühr zu kassieren.
Für mich gibt es keinen Pass. Aber wie Pilger nun mal sind, fügt sich alles: eine Deutsche Pilgerin, Heike, hat eine Verlängerung für ihren Pass und rechnet sich aus, dass sie diese nicht brauchen wird und somit bekomme ich meinen credencial de peregrino . So ist nun mal die Hilfsbereitschaft untereinander.
    Wir übernachten auf einem Parkplatz neben dem Leuchtturm
30.5.2010

1.Tag - Ribadeo - Vilanova de Lourenza - 23,2km

Nach einer unruhigen Nacht - es kommen immer wieder Autos an den Leuchtturm - beginne ich meinen Camino kurz hinter Ribadeo bei Vilela um 8,10 Uhr. Diese erste Etappe führt vorwiegend durch Wald und kleine Ortschaften. Es geht auch stetig und langsam bergauf. Der höchste Punkt ist mit 416 m erreicht. Man bedenke dass ich in Ribadeo bei ca 15 m gestartet bin. Da ich das erste Etappenziel - Gondon - um 12,25 Uhr erreicht habe, beschließe ich auch die 2. Etappe gleich dranzuhängen. Es sind ja nur 6,9 km bis Villanova de Lourenza. Kurz vor der Ortschaft sehe ich über dem Tal unser Auto stehen und so gehe ich gleich hinüber um Gerhard zu überraschen. So endet die erste Strecke um 13,55 Uhr nach 23,2 km. Ich bin natürlich müde, aber eine Dusche, ein Fußbad und ein gutes Essen bringen mich wieder in Form. Da ich noch meinen Stempel brauche, fahren wir um 19 Uhr zur Herberge. Heike und ihr Begleiter warten auch schon vor der Herberge auf einer Bank, da sie heute mal zu einem warmen Abendessen kommen wollen. Jetzt kann ich meine Schuld gleich abtragen: von unserem Essen ist noch genug übrig, es wird schnell gewärmt und gleich vor der Bank auf unserem Tisch mit einem Glas Rotwein serviert.
So ist das unter Pilgerschwestern und -brüdern  nun mal.
31.5.2010

2.Tag - Vilanova de Lourenza - Mondonedo

Heute ist es sehr nebelig. Um 8,20 Uhr gehts los. Der Wald hat bei diesem Wetter eine ganz besondere Stimmung. Die Strecke ist wieder nur kurz - 9,5 km. Bei der Hälfte passierts: der schmale Waldweg ist durch eine starke Quelle ganz matschig. Es gibt wohl ein paar Trittsteine, aber nach ca 5 m stehe ich plötzlich bis zu den Knöcheln im Gatsch. Ich bin ziemlich frustriert und beschließe die nächste Etappe heute nicht dranzuhängen. Dafür gibt es um 10,50 Uhr eine Besichtigung der Kathedrale in Mondonedo und einen Rundgang durch die schöne Altstadt Auch die Sonne kommt nun hervor. Da ich meinen Stempel im Fremderverkehrsamt bekomme, haben wir für heute nun frei. Kurz bevor ich Gerhard eine SMS schicken will treffen wir uns.  Nun brauchen wir nur noch einen Platz zum Übernachten. Nach 4 km, in einer kleinen Ortschaft - San Andres - finden wir neben der Kirche einen schönen ruhigen Platz. Nach einem guten Essen und einem Nickerchen bin ich gut erholt.
Übernachtungsplatz in San Andres
1.6.2010

3.Tag - Mondonedo - Gontan - 16,6km

Nach einer kurzen Nacht - Rocky geht es nicht gut, er muß bis 1 Uhr immer wieder hinaus; verlassen wir San Andres bei Nebel und ich beginne meinen 3. Tag am Camino um 8,30 Uhr in Mondonedo.
Die Sonne kommt doch noch zeitweise zum Vorschein und durch ein schönes und ruhiges Tal geht es die meiste Zeit leicht bergan. Ich wandere zwar meist durch Wald aber leider nur auf Asphalt. Dann aber kommts: da geht es ca 800 m steil bergan; von 402 Höhenmeter auf 545. Von oben ist die Aussicht auf das zurückliegende Tal sehr beeindruckend. Auf der anderen Seite des Passes wird die Autobahn gebaut und das sieht nicht so schön aus. Um 12,40 Uhr komme ich mit Gerhard fast gleichzeitig bei der Herberge in Gontan an. Um 13 Uhr wird die Herberge aufgesperrt, und ich bekomme meinen Tagesstempel. Der junge Mitarbeiter der Herberge ist sehr freundlich. Er will sich unser Auto ansehen und gibt uns den guten Rat: nach ca 100 m ist eine Wiese mit Grillplätzen und es ist auch ein kleiner Fluß vorhanden - sehr gut für meine Füße, da heute fast die ganze Strecke auf Asphalt zu gehen war. Wir können da sehr gut mit unserem WOMO stehen.
Gontan konnte ich bei Google Maps nicht finden. Jedoch die Position der Herberge bei Rego de Porta Cova
Übernachtungsplatz bei Gontan
2.6.2010

4.Tag - Gontan - Vilalba - 19,7km

Nach einer sehr ruhigen Nacht gehe ich um 8 Uhr los - mit langer Hose und langen Ärmeln - es sind nur 16 Grad und es ist bewölkt.
Zwei Stunden später kommt die Sonne durch und es wird wieder ein sehr schöner Tag. Nach ca 8 km treffe ich ein Ehepaar aus Deutschland, mit denen ich mich sehr gut unterhalte und den Weg gemeinsam bis Vilalba zurücklege. Heute geht es wieder vermehrt auf Waldwegen und durch spärlich besiedeltes Gebiet. Wir machen auch bei einer sehr schönen alten Brücke mit Rastplatz kurz Halt. Da treffen wir ein anderes deutsches Pilgerpaar und mit denen gibt es noch 3 km vor der Herberge eine Pause in einem kleinen Restaurant. Mit einem Stellplatz haben wir heute nicht viel Glück. Wir stehen auf einem Parkplatz am Rande einen Industriegebietes, es dürfte ein Übungsplatz für die Fahrschulen sein. Hier ist es sehr heiß und wir suchen uns nach 2 Stunden doch etwas anderes, da um 17 Uhr die ersten Fahrschüler - mit Motorrädern - kommen. Auf der anderes Seite des Industrieparks - es wird sehr viel gebaut - bekommen wir einen ruhigeren Platz für die Nacht.
3.6.2010

5.Tag - Vilalba - Baamonde - 21,5km

Meinen fünften Tag - also die Hälfte - habe ich heute bewältigt. Von Vilalba bis Baamonde sind es 21,5 km. Die Innenstadt von Vilalba - wie so manche andere Stadt auf dem Weg - hat einen sehr schönen alten Stadtkern. Als ich um 8,30 Uhr aufbreche hat es 14 Grad und der Himmel ist wieder bewölkt.  Ich weiß inzwischen die morgendliche Bewölkung - oder ist es nur Nebel? - zu schätzen, denn wenn zwischen 10 und 11 Uhr die Sonne hervorkommt ist es dann schnell sehr heiß. Ich gehe heute wieder durch sehr spärlich bewohntes Gebiet. Es ist für mich ein komischer Tag: ich bin nicht müde, habe keine Beschwerden und doch ist es irgendwie anders. Es gehen mir viele Gedanken durch den Kopf und ich diskutiere mit mir selbst. Man glaubt nicht, was einen alles so durch den Kopf geht, wenn man 5 Stunden mit sich alleine verbringt. Man denkt auch an die Lieben zu Hause und ich vermisst sie sehr.
Die Landschaft ist wunderschön. Es blühen hier Blumen und Büsche, die bei uns nur vom Gärtner kommen und oft schwer zu pflegen sind. Riesengroße Ginster, kleine wilde Orchideen, großblühende Erika, immer wieder Rosen als Grundstückeinfassungen oder auch wild blühend, sehe ich sogar im Wald. Auch viele Büsche wie Jasmin und große - bis 2 m hohe - Kamelien findet man hier. Aber das Beste war ein Fuchsienstock mit ca 2 m Höhe und mindestens auch so breit.
Die Landwirtschaft hat neben Kühen auch viele Schafe, und man sieht so manches Pferd, dass bestimmt nicht zum Reiten verwendet wird. Ein wenige Tage altes Kalb habe ich gestern mit einer kleinen Herde beobachtet. In den kleinen Dörfern sieht man auch, dass die Bevölkerung hier doch zum großen Teil Selbstversorger sind. Gemüse, Salat, Kartoffeln, kleine Maisfelder gibt es bei fast jedem Haus.
Das Einzige was ich immer wieder mit Bedauern sehe sind die vielen Hunde die fast alle angekettet sind.
Wir übernachten in Baamonde direkt im Ort. Ab 10 Uhr abends ist es dann ruhig bin zum Morgen.
4.6.2010

6.Tag - Baamonde - Miraz - 19,6km

Heute ist die Etappe kürzer und morgen länger, so nehme ich alles zusammen und teile durch zwei und so bleiben für jeden Tag 20,5 km. Die ersten 3 km jedoch lasse ich mich von Gerhard fahren, denn es geht auf der Hauptstraße geradeaus. Zu Mittag treffe ich bei dem Etappenende in Miraz Gerhard und mache mit ihm kurz Pause bei einem Bierchen. Dann geht es 4,5 km durch schattenlose Heide. Die Umgebung ist wunderschön, nur die Sonne, die zu Mittag hervorgekommen ist, macht mir zu schaffen. Auf den letzten 2 km bekomme ich plötzlich Schmerzen im rechten Unterschenkel. Es waren heute doch wieder 19,6 km.

Wir stellen uns mit dem WOMO nur neben dem Jakobsweg auf eine Ausweiche um zu Übernachten. Ich lasse mir das Bein massieren und lege mir auch eine Bandage. Wir werden sehen ob es morgen besser ist.
Beim Gehen kommen immer wieder die verschiedensten Gedanken. Besonders wenn man alleine geht. Wenn ich irgend jemanden Unrecht getan habe, so mag man mir verzeihen - ich büße diese Sünden täglich auf dem Weg ab. Darum nochmals ganz liebe Grüße an alle zu Hause.
5.6.2010

7.Tag - Miraz - Sobrado dos Monxes - 14,5km

Der Fuß tut noch weh, und so beschließe ich, dass mich Gerhard die ersten 6,5 km mit dem Auto fährt und ich dann versuche die nächsten 14,5 km zu gehen. Da mir heute die Sonne nicht scheinen will und es auch nur 16 - 18 Grad hat - ich bin ja auch bis auf 770 m Höhe unterwegs - ist das Gehen nicht so schlimm wie ich befürchtet habe. Um 11,25 Uhr komme ich beim Zisterzienserkloster in Sobrado dos Monxes an und Gerhard wartet schon mit Ungeduld auf mich. Das Bein fängt wieder mehr an zu schmerzen und wir überlegen, ob ich eine Pause einlegen soll. Nur ein Abbruch kommt für mich nicht in Frage und so gibt es am Nachmittag, nach einer Besichtigung des sehr schön renovierten Klosters, wieder eine Behandlung mit Massage und Umschlag. Um 19 Uhr besuchen wir im Kloster die gesungene Vesper und dazu sind auch alle Pilger herzlich eingeladen. Es ist eine sehr schöne spirituelle Veranstaltung. Auch wenn man die Worte nicht versteht, wird es einem in dieser Umgebung ganz anders ums Herz. Ich habe dabei gespürt, dass ich morgen weitergehen kann.
6.6.2010

8.Tag - Sobrado dos Monxes - Arzua - 22km

Heute Morgen scheint schon in aller Früh die Sonne und meinem Fuß geht es auch wirklich besser, noch nicht gut aber eben besser. Mit Massagen, guten Medikamenten und einer guten Portion Glauben geht es eben. Die heutige Etappe ist mit 22 km bis Arzua zu bewältigen. In der ersten Stunde ist es schwer, denn eine Gruppe von 40 Bus-Pilgern lachen, quatschen und ratschen. Das bin ich gar nicht mehr gewöhnt und ich gehe auch langsamer, damit sie bald bei mir vorbei sind. Kurz vor der Mitte der Etappe treffe ich meine Bekannten, Klaus und Margot, wieder. Wir stärken uns bei einem Radler und beschließen die 2. Hälfte zusammen zu gehen. Es ist ja nicht selbstverständlich, dass man sich einfach an jemanden anschließt, das muss schon direkt angesprochen werden.
Ich merke auch vorher beim Alleingehen, dass meine Schmerzen wahrscheinlich nur von einem fürchterlichen Muskelkater kommen und zwar wegen eventuell falschen Schuhen, denn ich knicke mit dem rechten Fuß beim Gehen immer nach innen ein. Na ja, morgen nehme ich ein anderes Paar, ich habe ja genug mit. Nachdem ich weiß was die Ursache meiner Schmerzen ist, gehe ich auch leichter damit um, und bei der Ankunft um 15 Uhr in Arzua ist es nicht mehr so schlimm.
Hier in Arzua treffen die zwei Pilgerwege, der Camino del Norte und der Camino Frances zusammen. Das merkt man auch sofort wenn man in die Stadt kommt, es sind plötzlich viel mehr Pilger zu sehen. Auch wird es die nächsten 2 Tage so bleiben, denn vom Camino Frances kommen mehr als doppelt so viele Pilger wie vom Camino del Norte.
Kurz außerhalb der Stadt, bei einer aufgelassenen Firma finden wir einen ruhigen Übernachtungsplatz und ich kann mich wieder gut erholen.
7.6.2010

9.Tag - Arzua - Santa Irene -16,6km


Hallo liebe Freunde und Verwandte!
Heute habe ich den Camino vorzeitig beendet.
Es ist wirklich ein ganz anderes Erlebnis, wenn so viele Pilger auf einmal den Camino gehen. Für mich als Neuling ist es eigentlich eine nicht so schöne Erfahrung.
Das Alleinsein am Camino del Norte ist eher eine wirkliche Pilgerschaft. Denn wenn vor - neben - hinter dir viele Leute sind, es wird zwar nicht so laut, aber immerhin geredet, kann keine Pilgerstimmung mehr aufkommen. Am Morgen sind dann die ganz Schnellen unterwegs, man glaubt fast sie laufen.

Ungefähr 6 km nach Arzura treffe ich meine Weggefährten Margot und Klaus wieder und so gehen wir bis Santa Irene den Camino gemeinsam.
Auf einem Parkplatz in Santa Irene treffe ich Gerhard, der hier schon auf mich wartet.
Das Wetter ist ab ca 11 Uhr windig und kalt und hat nach Regen ausgesehen.
Von Klaus erfahre ich, dass die letzte Etappe fast zu 90 % auf Asphalt oder Straßen zu gehen ist und da wollte ich meinen Fuß doch noch schonen. So habe ich mich entschlossen mit Gerhard die letzten 16 km nach Santiago zu fahren und ich verabschiede mich von meinen lieben Weggefährten.

Wir bekommen in der Nähe der Altstadt von Santiago de Compostella bei einem Park neben der Universität einen schönen Parkplatz zum Übernachten, auch nicht teuer - für 6 Stunden € 1,-. Die Besichtigung der Kathedrale und das Abhohlen der Compostella (Pilgerurkunde) dauert noch 2 1/2 Stunden. Es ist schon eine impossante Altstadt und da natürlich besonders die Kathedrale.
So habe ich in 9 Tagen doch 167,2 km ohne größere Pannen zurückgelegt. Ich bin stolz auf mich.

Das Beenden meines Camino war doch dich richtige Entscheidung, denn nach der Altstadtbesichtigung fängt es zu regnen an und es sieht danach aus, als ob es das Morgen auch tun wird.
8.6.2010

Santiago de Compostela
Es regnet fast die ganze Nacht und auch tagsüber gibt es immer wieder unerwünschtes Wasser von oben. Vormittag machen wir noch einen Parkrundgang mit den Hunden. Er ist wunderschön, die Anlage ist gepflegt und überall stehen sehr alte Bäume.
Um 11 Uhr mache ich mich auf den Weg in die Cathedrale zur Pilgermesse. Die ganze Umgebung der Cathedrale ist mit Pilgern und auch mit Besuchern überlaufen. Die Kirche ist wärend der Messe übervoll. Es hat gestern kein Weihrauch-Kessel-schwenken gegeben und viele warten heute auf dieses Erlebnis. Pünktlich um 12 Uhr ziehen viele Geistliche ein. Auch der Bischof von Santiago ist dabei. Er macht in fünf verschiedenen Sprachen eine kleine, sehr nette Begrüßung für die Jakobspilger und es gibt auch für alle, die es wollen, Abendmahl. Als  das Schwenken des Weihrauchkessels beendet ist, kommt impulsiver Applaus auf.
Nach dem Besuch der Messe ist nun auch für mich der Camino wirklich beendet.



So endet also mein ganz persönlicher Camino.

In meinen Gedanken jedoch, werde ich wahrscheinlich noch lange unterwegs sein.





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